Wie funktioniert Verwaltung? Kommunalrecht leicht erklärt!

 

1. Die unterschiedlichen Aufgaben einer Gemeinde

 

Der „eigene Wirkungskreis“ umfasst alle Angelegenheiten für die Gemeinde, in denen sie nach eigenem Ermessen handeln und dabei „nur“ an die gesetzlichen Vorschriften gebunden sind.

Dabei unterscheidet man zwischen Pflicht- und freiwilligen Aufgaben.

Pflichtaufgaben sind z.B. Sachaufwandsträgerschaft für Schulen, Friedhofswesen, Bau und Unterhalt von Gemeindestraßen
Freiwillige Aufgaben sind z.B. die Bibliothek, das Jugendzentrum, Zuschüsse für Kultur und Sport, das Sommerbad, der Bürgerbus und, und…..


 

2. Die Organe der Gemeinde

 

2.1. Der Gemeinderat ist nach Art. 29 GO ein Entscheidungs-, aber kein „rechtsgebendes“ Organ, also ein Teil der Exekutive und überwacht nach Art. 30 Abs. 3 die Ausführung seiner Beschlüsse.

2.2. Die Erste Bürgermeisterin hat nach Art. 36 der Gemeindeordnung für den Freistaat Bayern (GO) den Vorsitz im Gemeinderat, sie ist nach Art. 37 As. 4 GO der Chef der Verwaltung und vertritt gem. Art. 38 As. 1 GO die Gemeinde nach außen.

2.3. Der Gemeinderat kann nach Art. 32 GO vorberatende oder beschließende Ausschüsse bilden.


 

 

3. Die Erste Bürgermeisterin ist u.a. zuständig für laufende Angelegenheiten ohne grundsätzliche Bedeutung und erhebliche Verpflichtung.

 

Für diese Angelegenheiten kann der Gemeinderat Richtlinien aufstellen.
Der Gemeinderat kann außerdem weitere Aufgaben an Ausschüsse oder die Erste Bürgermeisterin übertragen.

Nicht übertragen darf der Gemeinderat gem. Art. 32 Abs. 2 Satz 2 GO z.B. den Erlass von Satzungen, die Beschlussfassung über Haushalt und Finanzplan, die Bestellung des Leiters des Rechnungsprüfungsausschusses und die Beschlussfassung über die allgemeinen Regelungen der Bezüge der Gemeindebediensteten (also z.B. den Beschluss über die Zahlung einer Ballungsraumzulage).
Übertragen darf der Gemeinderat z.B. die Beschlussfassung über die Einstellung einzelner Gemeindebediensteter – unabhängig von deren Aufgabengebiet und „Stellung“ innerhalb der Gemeindeverwaltung auf die Erste Bürgermeisterin oder einen Ausschuss, aber auch z.B. den Erlass von Bebauungsplänen und allen örtlichen Bauvorschriften.


 

 

4. Die Geschäftsordnung des Gemeinderates

 

Artikel 45 Abs. 1 der Gemeindeordnung für den Freistaat Bayern (GO) lautet:
„Der Gemeinderat gibt sich eine Geschäftsordnung“.
Das heißt, dass jeder Gemeinderat verpflichtet ist, sich für seine Wahlperiode eine Geschäftsordnung zu geben, er kann ganz zu Beginn der Wahlperiode beschließen, dass die alte Geschäftsordnung zunächst weiter gilt, bis er selbst sich eine neue gegeben hat.
Hierfür gibt es eine Mustergeschäftsordnung vom Bayerischen Gemeindetag, die z.B. auch Vorschläge für die Wertgrenzen macht, die der Gemeinderat festlegen muss (also: „wer“ darf für „wieviel“ Geld Aufträge erteilen?)
Diese Mustergeschäftsordnung ist nicht verbindlich, der Gemeinderat kann, aber muss sie nicht anwenden.


 

5. Die Zusammenarbeit zwischen Verwaltung und Gemeinderat

 

Im Rahmen der Geschäftsordnung leitet und verteilt die Erste Bürgermeisterin die Geschäfte. Der Gemeinderat kann mit seiner Geschäftsordnung Referate festlegen und Referenten bestimmen.

Aufgabe der Ersten Bürgermeisterin ist es, die Beratungspunkte für den Gemeinderat vorzubereiten. Die Verteilung dieser Aufgabe auf die einzelnen Mitarbeiter der Gemeindeverwaltung fällt in die Zuständigkeit der Ersten Bürgermeisterin. Der Gemeinderat kann also nicht bestimmen, wer in der Verwaltung eine bestimmte Sache für ihn vorbereitet.
Zur Vorbereitung der Beratungspunkte müssen durch die Verwaltung alle maßgeblichen tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkte geklärt werden. Dabei muss die Verwaltung auch versuchen, einen möglichst praktikablen Verwaltungsablauf vorzuschlagen, so dass der Gemeinderat nicht über Fragen von „untergeordneter Bedeutung“ (wie z.B. Besetzung von einzelnen Sachbearbeiterstellen in der Verwaltung) entscheiden muss. Wobei auch hier der Grundsatz gilt: Selbstverständlich kann der Gemeinderat beschließen, sich auch mit solchen Angelegenheiten beschäftigen zu wollen.

Eine Vorlage der Ersten Bürgermeisterin ist also nur dann rechtswidrig, wenn die Verwaltung in der Vorlage Dinge vorschlägt, die gegen geltendes Recht verstoßen.
Und (was ganz wichtig ist!): Der Gemeinderat (oder der von ihm bestimmte Ausschuss) hat über diese Vorlage die Entscheidungsmacht!
Wenn der Gemeinderat also anderer Auffassung ist, als es in der Vorlage von der Ersten Bürgermeisterin vorgeschlagen worden ist, so kann er selbstverständlich bei der Beratung eine andere Entscheidung treffen!


 

 

6. Die Geschäftsordnung des Gemeinderates

 

Die Gemeindeordnung für den Freistaat Bayern (GO) schreibt vor, dass sich jeder Gemeinderat für „seine“ Wahlperiode eine Geschäftsordnung geben muss.

Die Geschäftsordnung ist eine Angelegenheit des eigenen Wirkungskreises und Bestandteil der Organisationshoheit und damit auch Teil des Selbstverwaltungsrechts der Gemeinde.

Die Bestimmungen in der Geschäftsordnung dürfen allerdings (selbstverständlich…) den Vorschriften in der Gemeindeordnung oder anderen Rechtsvorschriften nicht widersprechen.

Die Geschäftsordnung regelt nicht das Verhältnis zwischen Gemeinde und Gemeindebürgern, sie begründet daher auch keinerlei Rechte und Pflichten für Gemeindebürger oder Außenstehende. Sie regelt vielmehr als „Verfahrensordnung“ grundsätzlich nur die (Gemeinderats-) internen Rechtsbeziehungen innerhalb des Gemeinderates und seiner Ausschüsse.

In der Geschäftsordnung wird z.B. geregelt, mit welchen Ladungsfristen und in welcher Form der Gemeinderat und seine Ausschüsse einzuladen sind,  sie legt fest, welche vorberatenden und welche beschließenden Ausschüsse der Gemeinderat bildet und mit welchen Aufgaben sich diese Ausschüsse beschäftigen und sie enthält Regelungen zum Geschäftsgang in den Gemeinderats- und den Ausschusssitzungen.

Dabei gilt, dass bestimmte Aufgaben gesetzlich dem Gemeinderat vorbehalten sind und nicht auf Ausschüsse übertragen werden dürfen. Dazu gehören z.B.

  • der Erlass von Satzungen und Verordnungen
    mit Ausnahme von Bebauungsplänen und sonstigen Satzungen nach (Ersten Kapitel) des Baugesetzbuches und örtliche Bauvorschriften, diese dürfen auf einen Ausschuss (z.B. den Bauausschuss) übertragen werden
  • die Beschlussfassung über die Haushaltsatzung und Nachtragshaushaltssatzung, Finanzplan und Jahresrechnungen
  • allgemeine Regelungen der Bezüge der Mitarbeiter der Gemeinde (z.B. der Beschluss über die Zahlung der Münchenzulage)

Einzelne Personaleinstellungen und Arbeitsverträge gehören nicht dazu und können durch die Geschäftsordnung auf einen Ausschuss übertragen werden. So soll erreicht werden, dass sich der Gemeinderat nicht mit jeder einzelnen Einstellung beschäftigen muss.

Die Geschäftsordnung enthält daneben z.B. auch Aussagen dazu, wer (Gemeinderat, Erste Bürgermeisterin oder auch welcher Ausschuss) bis zu welcher Wertgrenze Entscheidungen für die Gemeinde treffen darf.

Beispiel: Ein Bauauftrag soll vergeben werden. Die Geschäftsordnung des Gemeinderates regelt, bis zu welcher Wertgrenze die Erste Bürgermeisterin den Auftrag erteilen kann oder ob die Erteilung z.B. durch den Haupt- und Finanzausschuss oder durch den Gemeinderat erfolgen muss.

In der Wahlperiode von 2014 bis 2020 war beispielsweise festgelegt, dass der Haupt- und Finanzausschuss bis zu einem Betrag von 200.000€ Verträge für die Gemeinde abschließen konnte.

Dieser Betrag entspricht nicht mehr den Vorschlägen des Bayerischen Gemeindetages zur Festlegung von Wertgrenzen.

Der Bayerische Gemeindetag hat ein Geschäftsordnungsmuster entwickelt, hier werden z.B. auch Aussagen dazu gemacht, welche Wertgrenzen der Gemeindetag für angemessen und praktikabel hält. Ziel ist es, dass der Gemeinderat die wichtigen Angelegenheiten mit großer finanzieller Bedeutung entscheidet, die Verwaltung aber handlungsfähig bleibt und daher Entscheidungen bis zu bestimmten Wertgrenzen durch einen Ausschuss oder auch die Erste Bürgermeisterin entschieden werden können.

Derzeit wird durch den Bayerischen Gemeindetag ein Betrag von ca. 4-5€/Einwohner vorgeschlagen. Für die festzulegenden Wertgrenzen schlägt der Bayerische Gemeindetag dann Prozentanteile dieses Grundbetrages vor.

Aber auch hier gilt: die Entscheidung darüber, welche Wertgrenzen eingeführt werden, obliegt allein dem Gemeinderat.

Der Gemeinderat kann seine Geschäftsordnung während seiner Wahlperiode jederzeit mit Wirkung für die Zukunft ändern. Dies gilt auch für die Anzahl, die Aufgaben und die Zusammensetzung der Ausschüsse, aber auch z.B. für die Zahl der Gemeinderatsmitglieder als Referenten oder für die Wertgrenzen. Eine rückwirkende Änderung ist nicht möglich – denn Beschlüsse des Gemeinderates und seiner beschließenden Ausschüsse müssen Rechtssicherheit bieten.

Die jeweils geltende Geschäftsordnung des Gemeinderates ist auf der Homepage der Gemeinde hinterlegt und kann jederzeit von den Bürgerinnen und Bürgern eingesehen werden.

 

 

 

 

Die „weiteren Bürgermeister“ – Beachtung des Wählerwillens und gesetzliche Vorgaben

Die Wahl des Zweiten und Dritten Bürgermeisters richtet sich nach den gesetzlichen Vorgaben der Gemeindeordnung für den Freistaat Bayern (GO).

Dort ist in Artikel 35 geregelt, dass „der Gemeinderat aus seiner Mitte“ einen oder zwei weitere Bürgermeister wählt.

Die weiteren Bürgermeister sind also unabhängig vom Ausgang der Wahl des Ersten Bürgermeisters durch die Gemeinderäte zu wählen, denn der Zweite Bürgermeister ist kein „Zweit-Bürgermeister“, sondern der Stellvertreter des Ersten ohne gesetzlich festgelegte Befugnisse.

Ein Automatismus aufgrund der Wahl des Bürgermeisters, also der bei der Wahl unterlegene Konkurrent wird  „automatisch“ Zweiter Bürgermeister, sieht die Gemeindeordnung ausdrücklich nicht vor, denn dies könnte für die Bürger auch bedeuten, dass es eine Art „Großer Koalition“ an der Verwaltungsspitze gäbe.

Die Gemeindeordnung sieht jedoch an vielen Stellen vor, dass alle gewählten Parteien und Gruppierungen im Verhältnis zu ihrem erzielten Wahlergebnis vertreten und an den Entscheidungen der Gemeinde beteiligt sind.

Dies würde durch eine  „Große Koalition“ im Gemeinderat konterkariert werden.